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Inhaltsangabe schreiben
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vor 5 Jahrenauf
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Michael WeidnerJeder Schüler schreibt im Laufe der Schulzeit viele Inhaltsangaben. Weit über diese Zeit hinaus ist dies eine große Hilfe, um Texte zu lesen, zu verstehen, zu behalten und diese mündlich oder schriftlich vorzustellen. Hier erfahren Sie, wie eine Inhaltsangabe aufgebaut sein soll und was beim Schreiben zu beachten ist.
Abgrenzung der Inhaltsangabe
In der Schule steht die Inhaltsangabe auf dem Programm, nachdem die Nacherzählung vielfach geübt wurde. Andererseits wird die Inhaltsangabe weiterhin verlangt, während bereits die Interpretation auf dem Lehrplan steht. Daher ist es wichtig zu erkennen, was eine Inhaltsangabe von anderen Textformen unterscheidet.
Inhaltsangabe und Nacherzählung
Die Verwechslung mit der Nacherzählung dürfte eine der wichtigsten Gründe sein, warum manche Inhaltsangaben nicht gut gelingen. Bei der Nacherzählung orientiert sich der Verfasser eng am Originaltext und versucht, diesen mitsamt seinen Spannungsbögen wiederzugeben. Dabei werden Handlungen, Gedanken und Gefühle so anschaulich wie möglich geschildert. Dagegen wird bei einer Inhaltsangabe nicht mit erzählenden Mitteln gearbeitet. Hieraus ergeben sich einige formale Aspekte, die beim Schreiben einer Inhaltsangabe zu beachten sind.
Inhaltsangabe und Interpretation
Die Inhaltsangabe ist keine Interpretation. Einen Text zusammenzufassen, bedeutet nicht, diesen zu deuten. Daher sollte eine Inhaltsangabe nicht überfrachtet sein. Sie kann aber sowohl dem Leser als auch dem Verfasser als Grundlage oder Hilfestellung für eine Interpretation dienen. Je nach Vorbereitung im Unterricht darf der letzte Teil der Inhaltsangabe für Ansätze einer Interpretation, einer formale Analyse oder einer Bewertung genutzt werden.
Aufbau einer Inhaltsangabe
Eine Inhaltsangabe ist logisch zu gliedern. Dies bedeutet, sie sollte aus einer Einleitung, einem Hauptteil und einem Schluss bestehen. Diese Teile müssen aufeinander aufbauen.
Einleitung
Die Einleitung einer Inhaltsangabe besteht in der Regel aus wenigen Sätzen und geht noch nicht ins Detail. Sie sollte die wesentlichen Hintergrundinformationen über den Text enthalten.
W-Fragen
Hierzu zählen Titel und Name des Autors sowie die Textsorte (zum Beispiel Erzählung, Kurzgeschichte, Fabel, Parabel, Ballade, Szene aus einem Drama, Kapitel aus einem Roman oder einer Novelle). Außerdem sollte in der Einleitung die Entstehungszeit des Textes Erwähnung finden. Gegebenenfalls kann dies durch eine knappe Darstellung des historischen Hintergrundes ergänzt werden. Der Ort und die Zeit der Handlung sollte der Verfasser einer Inhaltsangabe in der Einleitung kurz erläutert. Auch die Hauptfiguren sollte der Verfasser benennen. Die „W-Fragen“ können bei der Gestaltung der Einleitung eine Hilfe sein: Wer? Wann? Wo? Was? Warum?
Einordnung bei Textauszügen
Wenn es sich bei der Textvorlage um einen Auszug (zum Beispiel aus einem Drama) handelt, kann es außerdem sinnvoll sein, den Beginn kurz in den Gesamtzusammenhang einzuordnen. Zum Beispiel:
In der dritten Szene tritt erstmals in dem Stück die Tochter der Protagonistin auf.
Damit wird der Leser auf die Handlung vorbereitet, die nun im Hauptteil wiedergegeben werden soll.
Hauptteil
Der Hauptteil ist hat den größten Umfang in einer Inhaltsangabe. In diesem Teil soll der Inhalt der Textvorlage klar und vollständig zusammengefasst werden.
Elemente der Textvorlage ausgewogen auswählen
Im Hauptteil soll der Originaltext so wiedergeben werden, dass der Ablauf und der Sinn deutlich werden. Die Elemente der Textvorlage sollten ausgewogen und entsprechend ihrer Bedeutung ausgewählt werden. Wenn vergleichsweise unwichtige Einzelheiten in der Inhaltsangabe angesprochen werden, irritiert dies den Leser. Wenn umgekehrt wesentliche Aspekte fehlen, erfährt der Leser nicht, worum es in dem Text wirklich geht.
Auf chronologische Reihenfolge achten
Die Handlung muss in ihrer chronologischen Reihenfolge wiedergegeben werden. Wenn die Vorlage ein erzählender Text ist, weist diese unter Umständen Zeitsprünge auf. Dann müssen die Handlungsschritte nun aber in ihrer tatsächlichen Reihenfolge dargelegt werden. Denn die Zeitsprünge stellen ein Stilmittel dar, das dem Autor eines erzählenden Textes zusteht, nicht aber dem Verfasser einer Inhaltsangabe. Der Leser der Zusammenfassung wäre irritiert, wenn die Inhaltsangabe Zeitsprünge enthält. Gleiches gilt für Passagen, in die ein Rückblick eingebaut ist.
Den Inhalt sachlich wiedergeben
Der Originaltext muss präzise und sachlich wiedergegeben werden. Auf Ausschmückungen und lange Beschreibungen sollte dabei verzichtet werden. Auch Vermutungen haben keinen Platz in einer Inhaltsangabe. Die Motive der Figuren werden in der Regel nicht direkt erläutert. Aber die Handlungsschritte sollten so dargestellt werden, dass der Leser nachvollziehen kann, warum die Figuren so handeln. Auch die Zusammenhänge zwischen einzelnen Handlungssträngen sollten dem Leser deutlich werden.
Auch das Ende der Textvorlage berücksichtigen
Der Hauptteil der Inhaltsangabe endet mit dem chronologisch letzten Handlungsschritt aus der Textvorlage. Das Ende (zum Beispiel die Auflösung, Pointe) wird also in einer Inhaltsangabe verraten. Denn es geht nicht darum, Spannung zu erzeugen oder Vorfreude auf die Textvorlage zu wecken. Vielmehr soll die gesamte Handlung dargestellt werden.
Schluss
Der Schlussteil geht über die eigentliche Textwiedergabe hinaus. Hierbei ist es möglich, die Textvorlage in knapper Form zu bewerten oder zu kommentieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, kurz auf die Intention des Autors einzugehen. Dies bedeutet, Ansätze für eine Interpretation darzustellen. Außerdem ist es möglich, auf sprachliche oder sonstige formale Besonderheiten und deren Wirkung auf den Leser einzugehen.
Gestaltung des Schlussteils wird im Unterricht besprochen
Aus der Aufgabenstellung oder aus den Vorbereitungen im Unterricht geht hervor, welche dieser Varianten für die Gestaltung des Schlussteils gewählt werden soll. Mitunter wird auch gefordert, auf einen Schlussteil ganz zu verzichten. Dann endet die Inhaltsangabe mit der Wiedergabe des chronologisch letzten Handlungsschrittes aus der Textvorlage.
Umfang einer Inhaltsangabe
Eine Inhaltsangabe sollte in jedem Fall knapper sein als die jeweilige Textvorlage. Bei langen Originaltexten wird die Inhaltsangabe zwangsläufig länger ausfallen. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass die Inhaltsangabe nicht ausführlicher gerät, als dies erforderlich ist. An deutschen Schulen wird in der Regel erwartet, dass der Umfang einer DIN A4 – Seite nicht überschritten wird.
Inhaltsangabe grundsätzlich in der Gegenwartsform
Eine Inhaltsangabe sollte grundsätzlich in der Gegenwartsform (Präsens) geschrieben sein. Denn das Präsens ist für den sachlichen, berichtenden Stil die passende Zeitform. Es wird auch dadurch plausibel, dass der Text, auf den sich die Inhaltsangabe bezieht, weiterhin existiert. Wenn in einzelnen Passagen eine Zeitebene vor der eigentlichen Handlung betroffen ist, dann sollte dafür das Perfekt verwendet werden.
Beispiel: Der Protagonist hat festgestellt, dass sein Nachbar jeden Morgen um sieben Uhr das Haus verlässt.
Inhaltsangabe wird in der 3. Person geschrieben
Eine Inhaltsangabe ist grundsätzlich in der 3. Person zu schreiben. Wenn der Originaltext in der 1. Person verfasst ist, muss die Perspektive entsprechend umgewandelt werden.
Keine wörtliche Rede
Wörtliche Rede sollte grundsätzlich vermieden werden, da von dieser eine erzählende Wirkung ausgeht. Dialoge aus der Textvorlage können in Indirekter Rede wiedergegeben werden.
Beispiel
Im Originaltext heißt es:
Der Matrose sagte zu dem Jungen: „Das Wetter ist wechselhaft.“
In der Inhaltsangabe kann dies als indirekte Rede wiedergegeben werden:
Der Matrose sagt zu dem Jungen, dass das Wetter wechselhaft sei.
Falls nur das Gespräch und nicht die Aussage „wechselhaft“ wesentlich ist, besteht auch die möglich, die Passage zu kürzen:
Der Matrose unterhält sich mit dem Jungen über das Wetter.
Keine Umgangssprache verwenden
Der Erzähler in der Textvorlage verwendet unter Umständen Umgangssprache oder Jugendsprache. Der Verfasser einer Inhaltsangabe darf dagegen nicht umgangssprachlich formulieren. Grundsätzlich sollten Sie beim Schreiben einer Inhaltsangabe Ihre eigenen Worte verwenden. Manchmal werden im Originaltext auch Wendungen gebraucht, die heute nicht mehr üblich sind oder deren Bedeutung sich geändert hat. Darüber hinaus sind die Grammatik und Rechtschreibung manchmal nicht mehr aktuell.
Erzählende Elemente vermeiden
Wendungen mit einer erzählenden Wirkung sollten vermieden werden. Dies gilt beispielsweise für das Wort „plötzlich“. Ansonsten besteht die Gefahr, sich einer Nacherzählung anzunähern.
Verwendungszweck von Inhaltsangaben
All diese Empfehlungen beziehen sich auf das Schreiben von Inhaltsangaben in der Schule oder Hochschule. Da dieser Begriff auch für die Zusammenfassung von Büchern oder Filmen, beispielsweise im Internet, verwendet wird, kann dies zur Verwirrung führen. Solche Inhaltsangaben dienen oft dazu, das Interesse an einem Buch oder Film zu wecken. Daher wird auf erzählende Elemente nicht vollständig verzichtet oder es wird das Ende des Originals bewusst ausgespart. Diese Möglichkeiten sind Schülern beim Schreiben einer Inhaltsangabe nicht gegeben.
Vorgehensweise bei der Inhaltsangabe
Ein gutes Textverständnis ist die Grundlage für eine überzeugende Inhaltsangabe. Daher ist es erforderlich, die Textvorlage aufmerksam und gegebenenfalls mehrmals zu lesen. Durch das Markieren wesentlicher Passagen wird das spätere Abfassen erleichtert. Auch mit dem Unterteilen des Textes und dem Hinzufügen von Zwischenüberschriften können Sie sich die Arbeit vereinfachen.
Fazit
Eine zentrale Klippe, die es zu umschiffen gilt, ist die Verwechslung von Inhaltsangabe und Nacherzählung. Es reicht daher nicht, die Textvorlage zu kürzen. Denn meistens ist die Textvorlage in einem erzählenden Stil geschrieben. Die Inhaltsangabe soll dagegen sachlich verfasst sein. Auch Perspektive, Zeitform, Chronologie, Ausdruck und Dialoge dürfen nicht einfach aus dem Originaltext übernommen werden. Die folgende Checkliste kann Ihnen helfen zu überprüfen, ob die Anforderungen an eine überzeugende Inhaltsangabe erfüllt sind.
Checkliste
– Ist der Aufbau stimmig?
– Sind alle wesentlichen Handlungsschritte und Informationen inklusive Ort, Zeit, Autor und Titel (W-Fragen) enthalten?
– Stimmt die Reihenfolge im Hauptteil mit dem chronologischen Handlungsablauf überein?
– Sind die Einzelheiten ausgewogen und entsprechend ihrer Bedeutung ausgewählt?
– Ist die Inhaltsangabe frei von erzählenden, ausschmückenden Passagen?
– Ist die Inhaltsangabe frei von Spekulationen und (ggf. mit Ausnahme des Schlussteils) von Interpretationen?
– Ist die Inhaltsangabe frei von wörtlicher Rede?
– Ist die Inhaltsangabe im Präsens und in der 3. Person geschrieben?
– Sind Rechtschreibung, Zeichensetzung, Ausdruck und Grammatik korrekt?
Michael Weidner hat Germanistik studiert und veröffentlicht auf Formulieren.de nützliche Artikel und Ratgeber rund um das Thema Bildung, Karriere und deutsche Texterstellung. Seine Leidenschaft ist das Schreiben und dieses Wissen gibt er gerne weiter.