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Charakterisierung schreiben

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Für die Schule, an der Uni oder bei jeder anderen Beschäftigung mit Literatur kann es nötig werden, eine Charakterisierung anzufertigen, um sich näher mit einer bestimmten Figur auseinanderzusetzen. Das Wort „Charakter“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet in etwa „Werkzeug zum Gravieren“ oder „Eigenart“. Übertragen wir diese Bedeutung auf eine literarische Figur, dann fertigen wir mit einer Charakterisierung ein genaues Abbild ihrer Merkmale und Besonderheiten an. Die physischen Attribute einer Figur gehören genauso in eine Charakterisierung wie ihre Gefühle und Gedanken. Während der Erstellung setzt sich der Autor intensiv mit der beschriebenen Person und ihren Motiven auseinander, um ihre Entwicklung im Verlauf der Geschichte erklären zu können. Alle Figuren aus literarischen Texten lassen sich charakterisieren. Diese Art der Beschreibung kann natürlich auch für eine Figur aus einem Film, Theaterstück, Videospiel und jedem beliebigen anderen Medium angefertigt werden. Den Charakter einer Figur gründlich zu beschreiben bedeutet, ihr äußeres und inneres Wesen für den Leser zugänglich zu machen und ihre größere Bedeutung für die Geschichte darzulegen.

Voraussetzungen für eine strukturierte Charakterisierung

Eine sorgfältige Arbeit am Text (und jeder anderen Vorlage) ist die Grundlage für eine solide Figurencharakterisierung. Idealerweise haben Sie den Textauszug mehrfach gelesen, bevor Sie mit dem Zusammenstellen der Informationen beginnen. Wenn Sie schon während der Bearbeitung verschiedenfarbige Textmarker und Haftnotizen benutzen, sparen Sie Zeit für die spätere Sortierung. Schreiben Sie alles auf, was über den Charakter erwähnt wird, entweder direkt durch den Autor, durch den Charakter selbst oder indirekt durch andere Bezugspersonen der Geschichte. Eine Mindmap kann helfen, thematische Bezüge herzustellen und alle Informationen logisch zu ordnen. Dabei notieren Sie am besten schon die entsprechenden Seiten- und Zeilenangaben.

Formale Regeln

Beim Verfassen einer Charakterisierung gibt es ein paar grundsätzliche Regeln. Eine Charakterisierung wird immer im Präsens verfasst. Daneben beginnt sie in den meisten Fällen bei den äußeren Merkmalen einer Figur und arbeitet sich schrittweise zum Innenleben der Person vor.
Es ist wichtig, dass Sie für jede Ihrer Erläuterungen und Feststellungen eine Seiten- und Zeilenzahl angeben (oder die entsprechende Szene), um Ihre Aussagen glaubwürdig zu belegen. Die Beschreibung der Figur im Hauptteil sollte objektiv und wertfrei sein. Ihre persönliche Meinung über den Charakter können Sie im Schlussteil unterbringen. Auch eventuelle Kritik am Verhalten oder der Entwicklung der beschriebenen Person gehört in diesen Abschnitt.

Das Ziel einer Charakterisierung

Es ist wichtig, beim Schreiben das Ziel der Charakterisierung im Auge zu behalten. Sie möchten im Idealfall dem Leser – einer außenstehenden Person – darlegen können, welche Eigenschaften einer Figur ihr Handeln und den Verlauf der Geschichte maßgeblich prägen. Daneben ist eine Charakterisierung auch für den Autor eine gute Möglichkeit, sich mit einer Figur gründlich auseinanderzusetzen und ihre Motive besser zu verstehen. Daher ist es wichtig, zu überlegen, welche Merkmale einer Figur für die Charakterisierung wichtig sind und welche unwichtig. Dass beispielsweise Harry Potter eine Brille trägt, ist für die Handlung der Romane unwichtig, gehört aber trotzdem zu seinen Charakteristika. Die Narbe auf seiner Stirn dagegen ist untrennbar mit der Handlung der Bücher verknüpft und bekommt an mehreren Stellen eine Bedeutung, die über ein rein optisches Merkmal hinausgeht.

Aufbau einer Charakterisierung

Der Aufbau einer Charakterisierung folgt normalerweise drei Schritten:

1. Eine kurze Einleitung
2. Ein längerer Hauptteil
3. Ein (variabler) Schlussteil

Die genauen Anforderungen der einzelnen Abschnitte können variieren, je nachdem, für welchen Adressaten die Charakterisierung verfasst wird. Dies sollten Sie im Vorfeld klären, wenn es sich beispielsweise um eine mögliche Klausuraufgabe oder eine Hausarbeit handelt.

Einleitung

Die Einleitung dient dazu, dem Leser in wenigen Sätzen einen groben Überblick über das Hauptthema der Erzählung und die Rolle der zu beschreibenden Person zu geben. Je knapper und prägnanter sie formuliert ist, desto besser. Ein paar Sätze über die Hauptfigur der Charakterisierung und ihre Bedeutung für die Geschichte reichen aus. Wichtig ist es, zu Beginn den Titel des Werks und den Namen des Autors zu nennen. Daneben sollten Sie die Art der Publikation erwähnen, also ob es sich um einen Roman, einen Film, ein Theaterstück oder ein ganz anderes Medium handelt. Darüber hinaus gehört das Erscheinungsdatum in die Einleitung. Eine knappe Einführung hilft dem Leser, das zentrale Thema der Geschichte zu erfassen. Für die Charakterisierung einer bekannten Romanfigur könnte diese beispielsweise so aussehen:
„1998 erschien der Roman „Harry Potter und der Stein der Weisen“ von J. K. Rowling. Das Buch erzählt die Geschichte des 11-jährigen Waisenjungen Harry Potter, der ein Zauberinternat besucht, dort neue Freunde findet und die Geheimnisse seiner Vergangenheit aufdeckt.“

Hauptteil

Der Hauptteil ist der umfangreichste Teil einer Charakterisierung. Sie beschreiben die Person idealerweise von außen nach innen und erwähnen zunächst grundlegende Fakten, wie beispielsweise den Namen der Figur oder ihr äußeres Erscheinungsbild.

Äußere Merkmale, die Sie an dieser Stelle anführen können, sind beispielsweise:

– Haar- und Augenfarbe
– Alter und Größe
– Beruf und Familienstand
– gesellschaftlicher Status
– Sprache, Dialekt, Mimik und Gestik

Auch die Kleidung der Person können Sie beschreiben, sofern diese explizit erwähnt wird, ungewöhnlich ist oder der Figur einen Wiedererkennungswert verschafft. Die Romanfigur Allan Karlsson beispielsweise ist ziemlich eintönig gekleidet: „Zu einer braunen Hose trug er ein braunes Jackett und ein Paar braune Pantoffeln“ (aus „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson). Die Schilderung der äußeren Merkmale durch den auktorialen Erzähler kommt auch in anderen Romanen häufig vor. Michael Ende zum Beispiel erzählt von seinem Bastian Balthasar Bux als ein „kleiner, dicker Junge von vielleicht zehn oder elf Jahren“, und beschreibt ihn als blass mit dunkelbraunem Haar. Bei Ausführungen dieser Art handelt es sich in den meisten Fällen um direkte Charakterisierungen.

Direkte Charakterisierung

Bei dieser Variante erfolgt die Beschreibung der Figur durch den Erzähler selbst (oder andere Charaktere der Geschichte). Dies kann unter anderem in Form einer Schilderung oder einer Bemerkung erfolgen wie zum Beispiel „Sarah hatte ein erstaunliches Talent fürs Klavierspielen“.

Indirekte Charakterisierung

Hier muss der Leser die Informationen über den Charakter aus dem Verhalten (wie beispielsweise den Handlungen und Aussagen der Figur, oder auch aus Dialogen mit anderen Personen) ableiten. Ein Beispiel wäre die Beschreibung einer Person mit „zitternden Händen“ und „kreidebleichem Gesicht“ oder bestimmte Satzmuster und Lieblingsthemen der Person.

Die Charakterisierung einer Figur erfolgt im Text entweder explizit oder implizit. Explizite Informationen sind in der Regel leicht zu erkennen und wiederzugeben, da sie aus der Sicht des Erzählers erfolgen. Eine andere Variante ist es, wenn eine Hauptfigur dem Leser selbst etwas über sich erzählt. Ein Beispiel dafür ist die Protagonistin Katniss Everdeen in den „Tribute von Panem“-Romanen von Suzanne Collins. Dabei kann es sich um äußere Merkmale handeln, wie beispielsweise als Katniss in der ersten Szene den Satz „(ich) stopfe meinen langen dunklen Zopf unter eine Mütze“ erwähnt. Die Protagonistin Katniss kann aber auch ihre persönlichen Eigenschaften oder Schwächen erwähnen, wie zum Beispiel später im Roman durch das Zitat „aber ehrlich gesagt, ich bin nicht gut im Vergeben“.

Implizite Hinweise beziehen sich auf ein Verhalten, welches auf bestimmte Charaktereigenschaften schließen lässt. Wenn andere Charaktere die Figur beispielsweise auslachen oder sich von ihr abwenden. Aus den Ansichten und Reaktionen der fremden Personen in ihrem Umfeld erfährt der Leser im Normalfall viel über eine Romanfigur. Als Autor sollten Sie an dieser Stelle abwägen, welche Aussagen von Nebencharakteren Sie zitieren möchten. Schließlich erzählen nicht alle Nebenfiguren die Wahrheit über die Figur, die Sie beschreiben. In welcher Beziehung stehen die Personen zueinander? Neid, Missgunst oder ein weniger freundschaftliches Verhältnis trüben den Wahrheitsgehalt einer Behauptung. Am Beispiel der Harry Potter-Romane wären das Aussagen über Harrys Aussehen und Verhalten, die von seiner Stieffamilie – den Dursleys – oder seinem Erzfeind Lucius Malfoy stammen. Das äußere Erscheinungsbild einer Figur wirkt sich auch auf das Verhalten der anderen Personen in ihrem Umfeld aus. Eine junge und kräftige Person wird im Alltag andere Reaktionen erhalten als eine alte und schwache Person. Genauso wird der junge Grenouille in Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ schon aufgrund seines Aussehens von seinen Mitmenschen überwiegend ignoriert oder gemieden.

Neben der direkten und indirekten Charakterisierung sollten Sie im Hauptteil zwischen äußerlichen und innerlichen Charaktereigenschaften unterscheiden.

Äußerliche Charakterisierung

Neben der äußerlichen Erscheinung einer Figur gehören ebenso die individuellen Verhaltensweisen zur Außensicht eines Charakters, beispielsweise im Umgang mit anderen Menschen. Ist die Person eher zurückhaltend oder extrovertiert? Hat sie bestimme Markenzeichen und Angewohnheiten?

Innerliche Charakterisierung

In diese Kategorie gehören die Gefühle und Gedanken einer Person, ihre Ziele, Motive oder auch Ängste. Daneben können Sie persönliche Vorlieben und Abneigungen der Figur erwähnen. Auch hier muss jede Information mit Textstellen belegt werden.
Die Innensicht der Figur ist wichtig, um zu beschreiben, welche Beweggründe eine Figur zu welchen Entscheidungen im Verlauf der Geschichte treiben. Darüber hinaus können Sie darlegen, welchen Einfluss die Figur auf das Gesamtgeschehen hat und inwiefern sie selbst davon beeinflusst wird und sich weiterentwickelt.

Schlussteil

Der Schlussteil beinhaltet eine Zusammenfassung und Beurteilung der zuvor im Hauptteil aufgeführten Charakteristika einer Figur. Hier bekommen Sie die Gelegenheit, Ihre eigene Meinung in die Charakterisierung einzubringen. Sie können die Figur an dieser Stelle auch kritisieren, sollten Ihre Argumente aber belegen. Im Schlussteil können Sie die Person auch noch einmal in Relation zu den anderen Figuren des Werks stellen. Hier geht es vor allem um eine sorgfältige Beleuchtung der Rolle einer Romanfigur und ihre Bedeutung für das Gesamtwerk, in dem sie vorkommt.

Fertigstellen der Charakterisierung

Es kann hilfreich sein, wenn Sie Ihre fertige Charakterisierung anhand einiger Stichpunkte überprüfen. Stellen Sie sich dabei unter anderem die folgenden Fragen:

– Sind Titel, Autor, Textsorte/Medium und Erscheinungsdatum angegeben?
– Werden durchweg die formalen Regeln eingehalten?
– Ist die Charakterisierung übersichtlich und logisch gegliedert?
– Sind alle Elemente der Charakterisierung vorhanden und nimmt der Hauptteil von ihnen den größten Anteil ein?
– Sind alle Thesen und Äußerungen durch Textpassagen und Seitenzahlen belegt?

Eine gut durchdachte Charakterisierung fasst alle Einzelaspekte einer literarischen Figur zusammen und bringt sie in einen größeren Zusammenhang.

Michael Weidner hat Germanistik studiert und veröffentlicht auf Formulieren.de nützliche Artikel und Ratgeber rund um das Thema Bildung, Karriere und deutsche Texterstellung. Seine Leidenschaft ist das Schreiben und dieses Wissen gibt er gerne weiter.

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